Gottesdienste und Veranstaltungen live streamen

Livestream ist die digitale Erweiterung des Kirchenraums. Er will „analoge“ Kirche nicht ersetzen und kann das auch nicht. Er ermöglicht Menschen das Mitfeiern mit der Technik, die sie zu hause oder dabei haben. Zwischen Stream über Smartphone bis zu Fernsehkameras und professioneller Technik gibt es jede Menge passende Lösungen. Dazu soll dieser Blogpost helfen.

Aber: hast du kein gutes Internet in der Kirche und eine technik-kritische Gemeinde, die auf jeden Fall nicht im Bild sein will … Lass es! (Wer nichts zu sagen hat, sollte es übrigens auch lassen.)

Die zehn schlimmsten Fehler

Einfach losstreamen. Im ersten Lockdown haben viele Gemeinden begonnen, ihre Gottesdienste live zu streamen. Erst einmal gut. Doch ein paar Fehler sollte man vermeiden:

Schlechter Ton

Wenn sie mit einem Handy filmen, ist alles ab zwei Meter Abstand ohne zusätzliche Mikrophone sinnlos. Es gibt auch für Handy Mikros zum Anstecken mit langem Kabel. Oder zeichnen Sie den Ton separat auf und fügen Sie ihn im Schnitt hinzu.

Depressive Grundhaltung

Ja, die Lage ist ernst und die Krise fordert einiges. Aber beginnen Sie doch nicht damit. Wir verkünden die frohe Botschaft. Wenn Sie das nicht können, lassen Sie’s!

Keine Gemeinde da

Das ist ein ähnliches Problem wie der lamoryante Ton. Doch warum darüber klagen. Jetzt sind halt noch weniger da als sonst. Aber viele an Smartphones und Laptops. Freuen Sie sich und gehen Sie kreativ damit um. Und ja, man kann auch mal die leere Kirche und Aufnahmesituation zeigen.

Nur eine Einstellung

Pfarrer oder Pfarrerin am Altar ist nicht das einzige, was sie zeigen können. Lesen Sie vom Ambo aber predigen Sie doch mal in der Bank. Oder am Ausgang, bei der Orgel, am Taufstein … entdecken Sie ihre Kirche neu.

Keine Kommunikation

Gerade jetzt brauchen die Menschen das Gespräch. Wieso streamt jede Gemeinde einzeln? Besser ist es, wären Stream oder Videopremiere auch ein Telefon in der Kirche anzubieten, an dem auch jemand sitzt. Oder einen Chat auf YouTube. Oder man erreicht Sie über Messenger.

Vergessene Zielgruppe

„Alte Menschen haben kein Internet“ höre ich oft. Ja, dann bringen Sie es halt hin. Den Gottesdienst auf älteren Tablets speichern und vorbeibringen. Oder als Audio verteilen. Es mangelt in Deutschland nicht an elektronischen Geräten.

Keine Werbung gemacht

Auf YouTube lässt sich ein Video vorab einstellen und als Premiere planen. Dieser Link lässt sich vorab schon bekannt geben. In vielen Termin-Datenbanken (wie in der ELKB „Evangelische Termine“) kann man digitale Angebote besonders kennzeichnen. Auch eine Video-Premiere auf YouTube kann ein Termin der Gemeinde sein.

Kein kritischer Blick

Das Beffchen ist (erstaunlich oft) schief, die Kirche schlecht ausgeleuchtet, die Frisur ist ungepflegter als nötig … lassen Sie doch andere Menschen kritisch draufsehen. Die meisten Fehler entdeckt man schnell. Auch ein Spiegel hilft.

Keine Relevanz

Überlegen Sie, warum Menschen das, was Sie machen sehen sollten und was die eine Botschaft ist, die diesen Menschen heute glücklicher macht. Wenn Sie das nicht beantworten können, lassen Sie das mit dem Video.

10. und letztens:

freuen Sie sich über Erfolge und lassen Sie das auch andere spüren. #digitaleKirche ist eine frohe, inclusive und diverse Kirche.

Sinn und Zweck eines Livestreams

Video wächst, und mit ihm auch der Livestream. Die technischen Hürden sind genommen, das Equipment ist vergleichsweise günstig. Oft genügt schon ein Smartphone, um einen recht ordentlichen Stream ins Netz zu schicken. Was liegt näher als der Wunsch vieler Kirchengemeinden, ihre Gottesdienste live zu streamen, um – so oft die Formulierung in entsprechenden Anfragen – „mehr Menschen zu erreichen“. Leitbild ist der „tolle Gottesdienst vor Ort“, der via Internet mehr Menschen erreichen soll mit dem heimlichen Ziel, mehr Menschen in die Kirche zu locken. Ein anderer Grund ist oft, man wolle den Livestream anbieten für die, die nicht kommen können. Also Kranke, Ältere oder Menschen, die eben sonstwie verhindert sind, in die heiligen Hallen einer Kirche zu kommen.

Nach meiner Überzeugung greift dieses Denken zu kurz und bevormundet Menschen. Wieso soll ein gestreamter Gottesdienst nicht einfach so angeboten werden, wenn er sich für das Mitfeiern im Internet eignet? Denn Livestream ist zuerst einmal die Beseitigung der räumlichen Einschränkung eines Kirchengebäudes: du kannst teilnehmen, ohne den Ort aufzusuchen und ohne vielleicht keinen Platz zu finden. Die digitale Erweiterung eines Geschehens vor Ort ins Netz. Dahinter einen Zweck zu verstecken, hilft nicht.

Anders ist bei den Übertragungen der Landessynode. Hier ist der Livestream Folge und Ausdruck der Öffentlichkeit. Das Kirchenparlament tagt öffentlich und tut dies an wechselnden Orten in Bayern, um keine Region Bayerns zu vernachlässigen. Die wenigsten Menschen haben dabei die Zeit, von den immer vorhandenen Zuschauerplätzen die Beratungen mit zu verfolgen. Das gilt auch für Journalisten, die selten von Montag bis Donnerstag nach Lindau, Berchtesgaden oder Bayreuth reisen können, um über die Landessynode zu berichten. Selbst wenn sie es wollen. Die grundsätzliche Öffentlichkeit dieser Veranstaltung bedingt fast schon einen Livestream.

Livestream ist also die Herstellung räumlicher und – wenn er als video on demand angeboten wird – zeitlicher Unabhängigkeit bei großer Skalierbarkeit. Wann und wo 5 oder 5000 Menschen zuschauen, ist im Livestream unwichtig. Über 5000 sollte man dann über eine Sendererlaubnis nachdenken.

Gottesdienste als inszeniertes Geschehen.

Sind Livestreams von Tagungen wie der Landessynode meist abgefilmtes Geschehen, braucht es bei Gottesdiensten ein gewisses Maß an Inszenierung, wenn sie online mitgefeiert werden sollen. Dabei sollte man vorher gut überlegen, wie welche Inhalte für User im Stream wie präsentiert werden. Lieder brauchen den Text zum Mitsingen online verfügbar, entweder als Downloadangebot oder eingeblendet. Bei Gebeten sollte man vorher überlegen, was man als Bild zeigt, denn betende Gottesdienstteilnehmer sollten nicht gezeigt werden. Wir den Teilnehmern im Netz zum Beispiel bei Fürbitten oder der Predigt eine Beteiligungsmöglichkeit angeboten, sollten hereinkommende Inhalte sowohl für LiturgInnen oder PredigerInnen wie auch für das StreamBild aufbereitet werden. Das erfordert eine kleine Redaktion.

Wer zum ersten mal einen Gottesdienst streamt, sollte auch an die Möglichkeit einer heißen Probe denken. Ein Durchlauf unter Livebedingungen erhöht die Qualität des Livestreams beträchtlich.

Gestreamte Gottesdienste bedienen dabei meist zuerst das Bedürfnis der sogenannten Kerngemeinde, die in ihrer Kirche mit ihrer/m Pfarrer*in Gottesdienst feiert und die auch so begrüßt werden wollen: „Wir treffen uns in unserem vertrauten Kirchenraum und wissen uns verbunden …“. Dieses Setting wird unterstützt, wenn man in der Bildgestaltung auf Fenstern, Bildern oder dem Kreuz verweilt.

Liturgisch Handelnde sollte man in halbnahen Einstellungen zeigen. Zu nahe Einstellungen bewirken das Gegenteil: man will wieder auf Abstand gehen. Anders in der Predigt: wenn erzählt und argumentiert wird, will man Gesicht sehen. Textlich trägt der Rückgriff auf Psalmen und klassische Texte. Alt bekanntes erhöht die Bindung derer, die „analoge Gottesdienste“ gewohnt sind. Fürbittengebete brauchen Kerzen und beim Beten sollte man Hände zeigen. Alles was das Gebet ikonografisch unterstützen, hilft.

Was braucht es für den Livestream?

Eine motivierte Gemeinde

Auch wenn rechtlich (siehe unten) die Lage klar ist, ein Livestream betrifft auch eine Gemeinde. Wenn nach dem Gottesdienst besorgte Gottesdienstbesucher*innen kommen und sagen, dass sie nicht im Internet gesehen werden wollen, habt ihr ein Problem. Und wir sind so evangelisch, dass der Verweis auf die Rechtslage nichts hilft.

Nach unseren Erfahrungen ist auch die jeweile Einschätzung der vorhandenen Technik falsch. „Wir haben eine gute Anlage in der Kirche“ heißt noch nicht, dass sie funktioniert und man daraus den Ton für den Stream abnehmen kann. Jede sorgfältige Klärung hilft da, auch die Absprachen schriftlich fest zu halten.

Der gute Ton

Es mag überraschen, dass an erster Stelle nicht Bild sondern Ton stehen. Auch geringe Auflösungen wie 720p oder gar 480p sind zu ertragen, wenn der Ton passt. Es hat sich bewährt, für den Livestream den Ton dabei selbst abzumischen. Auch wenn in Kirchen oder Tagungsorten meist ein Audiosignal zur Verfügung steht, ist die Lautstärke der Redenden so unterschiedlich, dass ein Mischer wie zum Beispiel dieser gut angelegtes Geld ist. Für größere Sets und viele Akteure haben wir auch mit größeren Mischern gute Erfahrungen gemacht. Denn Livestreamplattformen können mit unterschiedlichen Lautstärken nur schlecht umgehen. Ein eingebauter Kompressor und Limiter ist ebenfalls hilfreich. Phantomspeisung erspart viele Netzkabel.

An vielen Orten gibt es fest verbaute Mikrophon-Anlagen. Ein Line-Out-Ausgang kann da gut in Anspruch genommen werden und das Signal als Audio-Summe in den Mischer eingespeist werden. Doch oft reicht die Qualität nicht aus oder – meine Devise – ich habe da gerne auch ein zweites System am Start. Hier empfehlen sich Funkstrecken mit Lavalier-Mikrophonen wie die von Rode.

Wenn im Raum gesungen wird, fangen ein oder zwei Saalmikrofone die Stimmung gut ein. Instrumente sollten, wenn sie nicht in der AudioSumme eingebunden sind, direkt abgenommen werden. DI-Boxen beseitigen lästiges Netzbrummen. Wer das Geschehen live kommentieren will, sollte bei der Anschaffung eines Kopfhörers zum Abmischen gleich über ein Headset nachdenken, das Kopfhörer und Mikrofon vereint. Generell sind die Anschaffungen im Bereich Ton weniger kostenintensiv und bringen viel.

Der fertig gemischte Ton wird dann dem Stream hinzugefügt. Bei der Übertragung via Smartphone mit Interfaces wie die von IRig, bei aufwändigeren Streams über USB oder eine XLR-Steckerverbindung in die jeweilige Hardware. Es hilft, den rausgehenden Ton auch immer wieder einmal während des Streams zu kontrollieren.

Im rechten Licht

Letztlich beurteilen kann man die Ausleuchtung erst, wenn man das fertige Bild in einem guten Monitor betrachtet. Zu geringes Licht verursacht Bildrauschen. Zu helles Sonnenlicht sorgt dafür, dass der Sensor „ausfrisst“, also das helle im Bild überstrahlt. Helle Fenster sollte man daher mit Stoff oder Folie diffuser machen. LED-Flächenlichter helfen als Schattenaufheller.

Verschiedene Wege führen zum Bild

Von Smartphone über Webcam bis zur professionellen Videokamera eigene  sich viele Geräte zum Livestream. Wenn man sich langfristig für Livestream entscheidet, kann es sinnvoll sein, dazu auch in etwas hochwertigere und spezialisierte Geräte und Programme zu investieren. Eine Erfahrung von amerikanischen Gemeinden, die viele ihrer Gottesdienste streamen ist auch, dass meist Haupt- oder Ehrenamtliche fehlen, die Kameras bedienen können. Auch bei der Tagung einer Synode, sind wenige bereit, vier Tage an einer Kamera zu stehen, um jede Wortmeldung einer Synode einzufangen. Da muss Technik oft menschliche Ressourcen ersetzen.

Software und Kameras

Das einfachste Setup ist ein Smartphone (mit Stromversorgung!), das auf einem Stativ direkt zum Beispiel mit der YouTubeApp streamt. Schwierig ist aber dabei die parallele und weitere Bearbeitung des Streams sowie des gleichzeitig möglichen Chats.

Gute Erfahrungen haben wir mit Wirecast gemacht. Das Programm, das für Windows und IOS verfügbar ist, schlägt in der Vollversion mit rund 600 Euro zu Buche und bietet nahezu alles für einen gelungenen Livestream. Die kostenlose Soft OBS kann auch viel, setzt aber eine größere Bastelbereitschaft voraus. Für Wirecast gibt es unzählige Videos für alle möglichen Probleme. Die häufige Anwendung in Gottesdiensten greifen Tutorials auch die damit verbundenen Probleme auf. Es gibt in den USA sogar spezielle YouTubeChanel für streamende Gemeinden wie diesen.

Wirecast kann viele Signale verarbeiten und auch die Inhalte von Browserfenstern als „Kameras“ verarbeiten. Wer Videos in den Stream einbinden will, braucht allerdings sehr viel Rechenleistung. Das von uns verwendete HP ZBook kommt regelmäßig an 100 Prozent CPU-Auslastung, wenn im Stream ein Video eingespielt wird. Bisher ist das System aber immer stabil gelaufen.

Der günstigste Weg für Kameras sind Webcams wie die C920 von Logitech. Sie können über USB 3.0 an den Rechner angeschlossen werden. Die Qualität der Webcams erlaubt aber keine Aufnahmen bei schwachem Licht oder großer Entfernung.

Als Videokamera eignet sich alles, was das Signal (clean feed, also ohne Menüeinblendung) über HDMI ausgibt. Wir haben uns für eine Sony NX 100 entschieden, die auch als Kamera für Reportagen gute Dienste leistet. Sie verfügt auch über zwei Buchsen für externen Ton, die im Notfall auch vorhandene Audioquellen einbinden können oder an die sich externe Mikrofone oder Funkstrecken anschließen lassen. Für die Verbindung zu Wirecast wird eine CaptureHardware benötigt. Produkte von BlackMagicDesign sind zwar nicht billig, aber haben sich in der Praxis bewährt. Das einfachste Set wäre ein Laptop mit Wirecast und eine Kamera über ein HDMI-Interface. Wer mehrere Kameras laufen lassen will, besorgt sich dem BlackMagic ATEM Mini, derzeit der gefragteste Bildmischer.

Einen Schritt weiter gehen PTZ –Kameras, die sich auf verschiedene Arten fernsteuern lassen. Sie sind klein und haben bis zu 30-fachen optischen Zoom. Wir haben sehr gute Erfahrungen mit dieser PTZ-Kamera Zoom gemacht und für Totalen einer kleinen Boxkamera, beides von die PTZOptics, die neben anderen von picturetools in Hamburg vertrieben werden. Deren Support ist sehr hilfreich! Der Clou bei einer PTZ –Kamera sind programmierbare Kamerapositionen, die sich über eine Fernbedienung, über Softwaresteuerung oder über ein Kontrollpult mit Joystick abrufen lassen. Für Kirchengemeinden, die Gottesdienste regelmäßig übertragen wollen, könnte es sich lohnen, eine solche Kamera fest in der Kirche zu installieren (Hier ein Video dazu) und die wichtigsten Einstellungen abzuspeichern. Für den Livestream genügt dann ein Mensch, der die Technik bedient.

Ein kleines Set könnte aus einer Webcam und einer PTZ-Kamera bestehen, die in Wirecast direkt angesteuert werden kann. Hier kann sogar jede Kameraposition als „einzelne“ Kamera hinterlegt werden. Wer beim motorgesteuerten Motivwechsel nicht „mitschauen“ will, kann auf eine Totale umschalten.

Wer es noch komfortabler haben will, der kann über die Anschaffung eines eigenständigen Bildmischers nachdenken. Produkte wie der ATEM Television Studio HD können das gemischte Signal an die Streamingsoftware weitergeben und zusätzlich noch an Bildschirme im Vorraum weitergeben. Auch das Audiosignal kann über dieses Gerät gemischt werden.

HDMI als Videostandart kommt bei längeren Kabelwegen dabei schnell an seine Grenzen. Mehr als 10 Meter sind kaum zu machen. Bei USB-Kameras kann mit einem aktiv verstärkten Kabel maximal 20 Meter schaffen. Wer jedoch größere Entfernungen überbrücken muss, kommt an SDI oder dem Stream über Netzwerk nicht vorbei. Wir haben gute Erfahrung damit gemacht, das Videosignal über SDI zu übertragen und für Fernsteuerung und Stromversorgung Ethernet und PowerOverEthernet zu nutzen.

Die Reichweite

Es gehört zu den überraschenden Erfahrungen eines livestreamenden Onliners, dass kaum dass die Kameras abgeschaltet sind erstaunliche viele Menschen wissen wollen, wie viele denn zugesehen hätten. Jesus, der dem einen verirrten Schaf hinterhergeht scheint nicht das Leitbild beim Stream. Abhängig von der verwendeten Plattform sollte man sich auf diese Frage vorbereiten. Dabei ist es hilfreich, auf den meist großen Unterschied der Zahlen der Livezuseher und der Nutzung im Video on demand hinzuweisen. Bei der Tagung der Landessynode haben wir live „nur“ zwischen 40 und 150 Zuseher, innerhalb von 24 Stunden für ein Video dann aber regelmäßig zwischen 500 und 1.000 Views. Jede Sendeminute der in Lindau produzierten 22 ½ Stunden wurde 150 mal angesehen. Das heißt, wichtige Tagesordnungspunkt hatten zwischen 400 und 600 Zuseher.

Der Rückkanal

Livestream ohne einen Rückkanal hieße, nicht alle Möglichkeiten der Technik zu nutzen. Denn wer einen Gottesdienst oder eine Sitzung nicht vor Ort verfolgt, kann ohne Rückkanal nicht mitfeiern oder rückfragen. Bewährt haben sich dabei Social Wall und Livechat.

Eine Social Wall sammelt aus Twitter und Instagram alle Beiträge, die zu einem Hashtag gepostet werden. Posts aus YouTube und Facebook werden eingebunden, wenn die Kanäle als Quelle mit der Wall verbunden wurden. Für die Landessynode haben wir die Wall zu #elkbsynode auf der Homepage der ELKB eingebunden und spielen sie nach Möglichkeit auch auf einem Monitor im Foyer aus. Durch die URL lässt sie sich auch auf jeden Rechner holen. Beim Weltgebetstaggottesdienst war die Wall mit Beamer in der Kirche zu sehen. Anbieter wie walls.io bieten den Softwaredienst zu überschaubaren Tarifen für Events oder monatsweise.

Ein Chat lässt sich in YouTube leicht nutzen, denn das Programm bietet parallel zum Stream auch eine Chatfunktion, die von Usern leicht als Rückkanal genutzt werden kann. Aber auch eigenständige Chatprogramme sind als Rückkanal vorstellbar. Man muss sicher aber im Klaren sein, dass diese Kommunikation weitere Personalressourcen benötigt. Wert ist sie es alle mal!

Internetleitung

Daran scheitern die meisten Livestreams: in der Kirche gibt es kein Internet. Und auch die Anbindung über ein Nachbarhaus ist schwierig. Denn ab 50 Meter Leitungslänge kann es schwierig. Zwar ist es möglich, über WLAN zu streamen. Wenn aber mehrere Nutzer im WLAN sind, kann die Qualität des Streams leiden oder der Stream abbrechen. LAN ist hier zuverlässiger, 1 Mbit/s die Untergrenze für Streams in 720p50. 1080p25 brauchen da gerne mal zwischen bis 5 Mbit/s im Upload. Ein Speedtest am Beginn der Übertagung schafft da Klarheit.

Noch ungetestet von uns: LiveU ist in der Lage, WLAN, LAN und Mobilfunknetze zu einer Übertragungsleitung zusammen bündelt. Klingt ziemlich gut! Aber auch ziemlich teuer.

Streamingdienste

YouTube hat sich mittlerweile gut bewährt. Die Verbindung zwischen wirecast oder OBS und der Streamschnittstelle ist problemlos. Etwas Sorgfalt sollte man auf das hochladbare Thumbnail und den Infotext verwendet. Er stellt Usern schon vor Beginn alle notwendigen Informationen zur Verfügung und erscheint auch, wenn der Link zum Stream auf anderen Plattformen geteilt wird. Livestreams sollte man unbedingt auch über das YouTubeStudio vorplanen

YouTube stellt nach Beendigung des Streams das Material je nach Einstellung als Video zur Verfügung, das auch noch rudimentär bearbeitet werden kann. Mindestens den Vorlauf sollte man da abschneiden, was bei längeren Videos eine beachtliche Rechenzeit verursacht. Während der Bearbeitung ist die alte Fassung zu sehen.

Gut ist auch die Funktion, einzelne Szenen oder die Tagesordnung des entsprechenden Videos mit Zeiten in der Videobeschreibung anzugeben. Wer das Format Stunden:Minuten:Sekunden verwendet, macht die angegebenen Zeiten zu Sprungmarken. Diese lassen sich aber auf Mobilgeräte nicht abrufen.

Multistream … ein Stream auf mehreren Kanälen

Anbieter wie restream erlauben den Stream gleichzeitig auf mehreren Plattformen laufen zu lassen, ohne dass dazu größere Uploadkapazität von Nöten ist. Wir streamen derzeite YouTube, Facebook und Twitter (Periskope). Die Kosten sind mit rund 90 Euro pro Monat überschaubar.

Bauchbinden und Laufpläne

Natürlich genügt es für den Anfang, einen Stream mit gutem Ton und Bild anzubieten. Nachdem aber alle Streamprogramme Einblendungen leicht ermöglichen, sollte man auch diese Informationen zur Verfügung stellen. Bewährt haben sich Angaben zur Veranstaltung und ein Hashtag für die Sozialen Medien am oberen linken Bildrand. Wer will, kann rechts oben auch ein Logo einblenden. Am unteren Bildrand kann man in Bauchbinden weitere Informationen unterbringen: Programmhinweise, Namen gerade gezeigter Personen oder Aufrufe zur Interaktion.

Der redaktionelle Aufwand dafür ist aber nicht zu unterschätzen. Denn was im Stream eingeblendet ist, kann nicht (oder im Video nur mit großem Aufwand) nachträglich verändert werden. Bewährt hat sich hier, die Texte aller Bauchbinden vorzuproduzieren und zum Beispiel in einer Google Dokument bereit zu halten. So können auch andere mitarbeiten. Als Fehlerquelle taugen Bauchbinden aber auch.

Hilfreich ist auch ein Laufplan einer Veranstaltung. Für den Stream eines Gottesdienstes ist er fast unerlässlich. Aus ihm lassen sich Programmhinweise zur Einblendung, die vorkommende Texte oder Inhalte oder beteiligte Akteure unterbringen. Alle Informationen zu Kameraeinstellungen oder zu geplanten Aktionen innerhalb einer Veranstaltung lassen sich hier gut zusammen stellen … während des Streams eine große Hilfe!

Weitere Tipps

Nicht nur die ELKB ist in Sachen Livestream unterwegs. Ich verweise gerne auf meinen lieben Kollegen Wolfgang Loest aus der Lippischen Landeskirche und seinen Blog zum Livestream sowie Lutz Neumeier aus der EKHN mit seinem Blog.

Datenschutz

DSG-EKD

Wider Erwarten ist das Thema Datenschutz beim Livestream ein leichtes. Die Macher des DSGEKD haben mit §53 dem Livestream einen eigenen Paragraphen gewidmet: „Die Aufzeichnung oder Übertragung von Gottesdiensten oder kirchlichen Veranstaltungen ist datenschutzrechtlich zulässig, wenn die Teilnehmenden durch geeignete Maßnahmen über Art und Umfang der Aufzeichnung oder Übertragung informiert werden.“ Viele katholische KollegInnen beneiden uns um diesen Paragraphen, da er im katholischen Datenschutzrecht fehlt.

Gute Formulierungsvorschläge finden sich bei den Kollegen der Hannoverischen Landeskirche. Den Aushang Livestream im Gottesdienst beim Livestream des Eröffnungsgottesdienstes der Synode könnt ihr als Vorlage verwenden.

Sendererlaubnis

Nicht das erste Problem aber doch wichtig. Bei höheren Zuschauerzahlen ist zu beachten: ab 500 Livezusehern wird man zur Sendeanstalt und muss ein Sender-Erlaubnis einholen, die weitere Kosten mit sich bringt. Eine Ausnahme gibt es nur, wenn der Livestream nicht redaktionell bearbeitet wird, also durch Moderator und vorproduzierte Inhalte aufgewertet wird. Heißt: ein „nur“ gestreamter Gottesdienst macht hier kein Problem.

Corona-Update: Hierzu gibt es aktuell ein Medienanstalten_Infoblatt_Live-Streaming_Corona-Epidemieschutz der Landesmedienanstalten.

Rechtliches

Zu Gema und VG Wort hat mittlerweile der Popularmusikverband die wichtigsten Infos zusammengetragen. Ihr findet sie hier.

Auf der sicheren Seite ist man – daran hat sich nichts geändert – wenn man gemeinfreie Musik verwendet. Weiter ist zu beachten, was die GEMA München freundlicher Weise zu bedenken gegeben hat:

Bitte beachten Sie, dass Sie unabhängig von der Lizenzierung durch die GEMA, weitere gegebenenfalls nötige Rechte direkt bei den Berechtigten einholen müssten. Beispielhaft seien hier das Leistungsschutzrecht (Label) bei der Verwendung von Originalaufnahmen und das Filmherstellungsrecht (i.d.R. Musikverlag) genannt. Zu diesen Rechten können wir leider keine weiterführende Beratung anbieten, da wir diese Rechte nicht wahrnehmen. Vielen Dank für Ihr Verständnis.

Welche Rechteinhaber an den Werken beteiligt sind, erfahren Sie mit unserer Repertoiresuche unter https://online.gema.de/werke/search.faces Suchen Sie mithilfe der Kriterien Titel + Urheber/Verlag oder der Werknummer. Die Kontaktinformationen werden mit Klick auf die rot hinterlegte Beteiligtenrolle angezeigt.

Soll heißen: nur weil die Sache mit der Gema geklärt ist, könnt ihr nicht alle anderen Rechte nicht klären. Der geniale Musiker, der euren Gottesdienst gestaltet muss nach wie vor der Nutzung seines Werkes zustimmen.

Weiterführende Links

Sehr lesenswert ist der Blog von Wolfgang Loest. Er ist mein Lieblings-Nerd und großartiger Kreativer der Lippischen Landeskirche. Er findet auch meist günstigere Lösungen als ich.

Churchfront ist ein Channel nur für streamende Gemeinden. Jake Gosselin hat große Erfahrungen und hat auch Grundsatzfragen (Warum überhaupt streamen?) im Programm. Technisch arbeitet er viel mit PTZOtptics und Wirecast zusammen.

Zum Schluss

Alle Aussagen dieses Blogpost sind nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt und sind keine verlässlichen Rechtsauskünfte. Verlinkte Produkte sind nur beispielhafte Empfehlungen. Wer nach Fragen hat, nutze bitte die Kommentarfunktion. Viel Erfolg beim Streamen!

2 Kommentare zu „Gottesdienste und Veranstaltungen live streamen“

  1. Auf der Suche nach Gottesdienst und Live streaming bin ich auf diesen Artikel gestoßen. Es klingt alles sehr kompliziert. Meine Überlegung bzw Frage ist:
    Wir möchten das Christvesper in diesem Jahr aus Vorsicht vor Corona im Freien veranstalten. Das heißt, der Pfarrer steht auf einer kleinen Bühne vor der Kirche. Zusätzlich wird es auch eine Leinwand geben, damit nicht jeder ein Gesangbuch benötigt, deshalb werden hier Texte mit Beamer gezeigt. Meine Überlegung ist:
    Gibt es eine einfache technische Idee, auf diese Leinwand auch Live Bilder zu zeigen? Zb. den Pfarrer bei der Predigt. Denn nicht jeder wird ihn von jeder Stelle aus sehen können. Es ist immer schöner, einen Menschen zu sehen, der etwas sagt.
    Ist es technisch mit einfachen Mitteln umsetzbar?
    Über eine Antwort würde ich mich freuen.

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    1. Hallo, ich würde dafür keine Leinwand nehmen sondern das ganze auf eine kleine Unterseite der Gemeindehomepage packen. Die URL dieser Seite dann als QR Code an die Teilnehmenden geben und jeder ruft sich die Liedtexte aufs Handy. Den Pfarrer bei der Predigt auf einer Leinwand zu zeigen finde ich nicht sooo wichtig. Da wäre zuerst eine gute Beschallung wichtig, dass man den überall gut (!) hört. Und dann mehrere Orte, von denen der Pfarrer spricht, damit ihn alle einmal (!) sehen. Zum Beispiel bei Begrüßung, Gebet, Predigt, Fürbitten, Segen. Wenn Sie das trotzdem machen wollen, nehmen Sie eine Kamera mit HDMI Clean-Ausgang (also ohne eingeblendete Menüs) und schicken das Signal mit Kabel an einem Beamer.

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